Im Jahr 2018 beschloss der niedersächsische Landtag – nach zum Teil kontrovers geführten Debatten im Vorfeld – die Abschaffung der Kita-Beiträge. Was als spürbare Entlastung gerade für kinderreiche Familien gedacht war, droht sich in der Landeshauptstadt Hannover nun zu einer unendlichen Geschichte auszuwachsen – mit erheblichen Planungsunsicherheiten für die betroffenen Eltern.
„Mit den jetzt verschickten Verträgen für das Kita-Jahr 2020/2021 bestätigten sich nunmehr unsere Erwartungen, vor deren Eintritt wir immer gewarnt hatten. Die Eltern werden entgegen der Absicht des Landesgesetzgebers weiterhin zur Kasse gebeten“, so sieht es Jens Seidel, Vorsitzender der CDU-Ratsfraktion
Was war passiert? In Folge des Landtagsbeschlusses änderte im November 2018 der Rat der Landeshauptstadt Hannover – gegen die Stimmen der CDU – mit der Ampel-Mehrheit die „Entgeltregelung für die Nutzung städtischer Kindertageseinrichtungen“. Unter anderem wurde darin festgelegt, dass aufgrund der Kita-Beitragsfreiheit für das erste Kind ab drei Jahren der bislang halbierte Beitragssatz für das zweite Kind unter drei Jahren in einer Kindertageseinrichtung in voller Höhe erhoben werden sollte. Gelten sollte das bei Verträgen ab dem 1. August 2018 (DS Nr. 2181/2018). Auf Antrag der Ampel-Koalition wurde der Eintritt dieser Regelung auf den 1. August 2020 lediglich verschoben (DS Nr. 2425/2018). Wie der Antragsbegründung zu entnehmen war, um der Verwaltung die nötige Zeit zu verschaffen eine „sorgfältig abgewogene Neureglung“ zu erarbeiten. Wohl gemerkt: Der damals angedachte Zeithorizont war durch den Beginn des Kindergartenjahres am 1. August 2020 markiert. Bekräftigt wurde dies noch durch einen eilig hinterhergeschobenen Dringlichkeitsantrag (DS Nr. 2484/2018).
Neuregelung bedeutet Mehrbelastung für manche Eltern „Bereits damals haben wir deutlich gemacht, dass die Intention der Großen Koalition auf Landesebene eindeutig eine andere war: Gerade kinderreiche Familien sollten spürbar finanziell entlastet werden. Wir wollten mit einem eigenen Antrag bereits damals die Geschwisterregelung dauerhaft beibehalten, scheiterten damit aber an den Mehrheitsfraktionen“, erläutert noch einmal der Fraktionsvorsitzende.
Geschehen ist seitdem jedoch nichts. Und so kam, was kommen musste: Das neue Jahrzehnt begann für zahlreiche Eltern mit schlechten Nachrichten. Der Blick auf die zu Jahresbeginn verschickten Bescheide machte nicht nur den Wegfall der Geschwisterregelung augenfällig. Für manche Eltern sollte sogar eine Mehrbelastung ins Haus stehen. So mussten beispielsweise Eltern mit drei Kindern in der höchsten Beitragsstufe bisher 305 Euro für das erste Kind in der Kita und 160 Euro für das zweite Kind in der Krippe zahlen. Das dritte Kind war in jedem Fall beitragsfrei. Dies machte unterm Strich 465 Euro für beide Kinder. Nun sind die Eltern für das erste Kind zwar beitragsfrei gestellt, aber für das zweite würden in dieser Konstellation 320 Euro und für das dritte noch einmal 160 Euro fällig werden. Die Entlastung der Eltern verkehrte sich in ihr Gegenteil und führte zu einer Mehrbelastung von, in diesem Fall, 15 Euro. In Summe wären nämlich 480 Euro zu zahlen.
Schaufensterpolitik zu Lasten kinderreicher Familien Die CDU-Ratsfraktion erkannte diese Ungerechtigkeit umgehend und machte in diversen Presseverlautbarungen darauf aufmerksam. Das Ampelbündnis unter Führung der Sozialdemokraten wacht an dieser Stelle offenbar auf und bringt eilig einen Dringlichkeitsantrag in den zuständigen Jugendhilfeausschuss ein. Inhaltlich unterscheidet sich dieser aber kaum von jenem aus 2018. Wieder soll eine Neureglung der Elternbeiträge erfolgen. Wieder wird der Verwaltung hierfür Zeit eingeräumt und wieder bis zum Beginn des Kindergartenjahres 2020/2021. Bei der CDU löst dieses Vorgehen Kopfschütteln aus. „Der jetzt von der Ampel – fast möchte man sagen: schon wieder – eingebrachte Dringlichkeitsantrag ist ein familienpolitischer Offenbarungseid insbesondere für die sonst so auf Gerechtigkeit bedachten Sozialdemokraten. Hier wird reine Schaufensterpolitik zu Lasten kinderreicher Familien betrieben“, so sieht es jedenfalls Jens Seidel.
Klar ist: Planungssicherheit besteht auch fast zwei Jahre nach Beschluss des Landtages für die Eltern in Hannover noch immer nicht. Wiedervorlage – mit Glück –vor der Sommerpause. Seitens der CDU ist man jedoch nicht bereit das fehlende Verhandlungsgeschick der Landeshauptstadt bei den Gesprächen über die Ausgleichszahlungen des Landes für entgehende Kita-Beiträge und das permanente Aufschieben dieses Themas auf dem Rücken der Eltern austragen zu lassen.
„Wir haben daher unsererseits einen Antrag ins Verfahren eingebracht, der die Geschwisterregelung dauerhaft festschreiben soll und den Eltern so endlich Planungssicherheit gibt“, bekundet der Fraktionsvorsitzende seinen Kampfeswillen. Genutzt hat es am Ende leider nichts. Mit den Stimmen des Ampelbündnisses wurde die von der CDU geforderte Festschreibung der Geschwisterregelung in der Ratsversammlung am 30. Januar abgelehnt.