CDU-Ratsfraktion Hannover

CDU-Ratsfraktion und Stadtkirchenvorstand sprechen über ihr Verhältnis zur AfD

Wie lässt sich das christliche Menschenbild mit einer Abgrenzung zu Populisten vereinbaren? Wie machen wir, Kirchen und CDU, in diesem Spannungsverhältnis unsere eigenen Positionen kenntlich? Dies waren die Fragestellungen unter der sich der Fraktionsvorsitzende der CDU-Ratsfraktion am 20. März mit Stadtsuperintendent Heinemann und Vertretern des Stadtkirchenvorstandes traf.

Konkreter Anlass für das Zusammentreffen war ein Brief Jens Seidels, den er vor dem Hintergrund der „Halbzeit“ der Wahlperiode und vor allem den Haushaltsanträgen der AfD-Fraktion an die Vertreterinnen und Vertreter der beiden großen christlichen Kirchen gerichtet hatte. „Wir beobachten mit Sorge eine Tendenz der hannoverschen AfD sich gegen die christlichen Kirchen abzugrenzen und deutlich zu positionieren“, so der Fraktionsvorsitzende.

AfD macht vor allem bei ihren Haushalsanträgen Stimmung gegen die Kirchen

Als Beleg dafür dienen ihm vor allem die zahlreichen gegen die Kirchen und ihre Organisationen gerichteten Haushaltsanträge. Auch wenn die Anträge sämtlich an den demokratischen Fraktionen gescheitert seien, offenbare sich in ihnen jedoch ein bestimmter Geist. So hatte die AfD-Fraktion grundsätzlich mit dem populistischen Argument Stimmung zu machen versucht, die Kirchen erhielten über den Staat jährlich Milliardenbeträge, so dass eine weitergehende Finanzierung durch die Stadt völlig unnötig sei. Erklärungsversuche aller anderen im Rat vertretenen Fraktionen, dass die Kirchen – neben vielen anderen gesellschaftlichen Akteuren – dabei vor allem kommunale Aufgaben übernähmen, die sonst durch die Landeshauptstadt ohnehin selbst zu finanzieren seien, liefen in der Ratsversammlung am 13. Dezember des vergangenen Jahres jedoch in Leere. Als besonders perfide empfand die CDU-Ratsfraktion zudem den Vorwurf, man ermögliche den „links-grün versifften Kirchen“ dadurch seitens der zur Neutralität verpflichteten Stadt eine Indoktrination von Kindern, Jugendlichen, Geflüchteten und hilfebedürftigen Menschen.

Die Vertreter des evangelisch-lutherischen Stadtkirchenverbandes zeigten sich bestürzt über die Vehemenz des Vorgehens der AfD. „Natürlich ist die Problemlage inzwischen auch uns nicht mehr neu. Wir müssen uns mit derartigen politischen Überzeugungen auch auf Ebene von Kirchenvorständen auseinandersetzen“, so Stadtsuperintendent Hans-Martin Heinemann: „In dieser geballten kommunalpolitischen Form war uns das aber nicht bewusst. Das überrascht und erschreckt uns dann doch.“ Er freue sich deshalb, dass die CDU dies anhand der vorgelegten Anträge ins Bewusstsein hebe. 

AfD will Verhältnis von Staat und Kirche umdeuten

Einige Mitglieder des Stadtkirchenvorstandes gingen sogar noch weiter und sahen in den Argumentationslinien der AfD einen Versuch, an dem grundgesetzlich festgeschriebenen Verhältnis von Staat und Kirche zu rütteln, ja dieses grundlegend neu nach eigenem Gusto zu definieren – das gehe im Ergebnis weit über die rein kommunalpolitische Dimension hinaus. Hiergegen, darin war man sich einig, müsse man sich noch eindeutiger und klarer positionieren.
Auf die Frage nach einer konkreten Erwartungshaltung seitens der CDU an die Kirchen sagte Seidel: „Ich sehe uns als Partei, die das ‘C‘ im Namen trägt, in einer besonderen Verantwortung. Aus diesem Grund wünsche ich mir neben einem engeren Austausch mit den Kirchen vor allem eine klare gemeinsame Haltung, die wir noch viel stärker als bisher in der Öffentlichkeit herausstellen müssen.“ Man müsse deutlich machen, wofür man stehe, ohne die Bereitschaft zum Gespräch abreißen zu lassen – auch wenn alle Beteiligten hier wenig Hoffnung auf einen echten Austausch von Argumenten hegen. „Mit denen kann man nicht diskutieren, die haben ja eh immer recht“, sagt einer.

Davon will man sich aber nicht beirren lassen, sondern die AfD-Anträge mit den Verantwortlichen der beiden christlichen Kirchen systematisch aufarbeiten und den alternativen Fakten rationale Argumente entgegenstellen. Darüber hinaus möchte man mit allen demokratischen Kräften im Rat ins Gespräch kommen. Hier sagte der Vorsitzende der CDU-Ratsfraktion seine volle Unterstützung zu. „Dem schreienden Kind nicht zu viel Aufmerksamkeit widmen, nicht über jedes Stöckchen springen aber dennoch das eigene Profil schärfen und die Überzeugungen klar benennen, die für uns nicht zur Disposition stehen – das ist die Herausforderung, vor der wir stehen.“