Das Stadtarchiv ist die zentrale Dokumentations- und Rechercheeinrichtung für alle Fragen zur Stadtgeschichte vom Mittelalter bis in die Gegenwart. Es verfügt über circa zehn Kilometer Schriftgut aus rund 800 Jahren. Das Stadtarchiv ist ein integraler Teil der Stadtverwaltung und nimmt eine gesetzliche Pflichtaufgabe wahr. Seine Aufgaben sind im Niedersächsischen Archivgesetz, in der Satzung des Stadtarchivs und in der Schriftgutordnung der Stadt (ADA 10/27) geregelt. Es ist also nicht übertrieben, vom „Gedächtnis der Landeshauptstadt“ zu sprechen.
Eine Verlegung des Stadtarchivs an den Stadtrand ist für die CDU keine Option
Umso mehr irritiert die CDU-Ratsfraktion eine seit März schwelende Entwicklung: Das Stadtarchiv soll aus seinen bisherigen Räumlichkeiten an einen neuen Standort verlegt werden; idealerweise in ein Zentraldepot, das auch die Bestände der hannoverschen Museen aufnehmen soll. Schon ein erster Versuch der Verwaltung, einen Standort am Rande der Stadt festzuschreiben, stieß auf den Widerstand der CDU-Ratsfraktion. Deren Vorsitzender Jens Seidel erklärte damals: „Warum war beim neuen ZeitZentrum Zivilcourage die zentrale Lage für die Verwaltung von so immenser Bedeutung, aber das Gedächtnis der Stadt – das weit über 12 Jahrhunderte zurückweist und somit Zusammenhänge herstellen kann – darf nunmehr weiter an den Rand gedrängt werden? Was ist das für ein Verständnis von Geschichte?“
Museen und Stadtarchiv haben unterschiedliche Ansprüche
Die Museen der Landeshauptstadt haben ein unbestreitbares Platzproblem und sehen sich – wie das Museum August Kestner oder das Historische Museum – durch dringend notwendige Sanierungsmaßnahmen vor zusätzliche räumliche Herausforderungen gestellt. Hier herrscht akuter Handlungsbedarf. Dieser Druck ist beim Stadtarchiv jedoch nicht gegeben. Um zumindest den Einfluss der Politik nicht gänzlich aufzugeben, war bereits im September auf Betreiben der CDU einem Heranziehungsbeschluss durch die Ratsversammlung zugestimmt worden. Dieser etwas komplizierte Schritt war nötig, weil die Ratsgremien sonst jeglichen Einfluss bei diesem sensiblen Thema verloren hätten und vor vollendete Tatsachen gestellt worden wären. Mit einem Heranziehungsbeschluss behält sich üblicherweise die Ratsversammlung eine Entscheidung in der Sache vor, die sonst einem anderen Organ der Stadtverwaltung – etwa dem Oberbürgermeister oder dem Veraltungsausschuss – übertragen wurde.
Zu bedenken ist aus Sicht der Ratsfraktion außerdem, dass die Einlagerung der Museumsbestände andere bauliche und klimatische Voraussetzungen erfordert, als die Verwahrung und Erhaltung der Archivbestände. Für den stellvertretenden kulturpolitischen Sprecher der CDU-Fraktion, Sebastian Marski, ein Grund zur separaten Betrachtung: „Wir müssen uns sehr genau überlegen, was wir eigentlich wollen. Eine preiswerte Lösung, die alle gleichermaßen befriedigt, dürfte auch nach Einschätzung der zuständigen Dezernentin selbst nur schwer zu finden sein.“ Eine von der CDU beantragte Expertenanhörung machte zudem deutlich, dass es durchaus sinnvoll wäre, sich zunächst Gedanken um eine Neukonzeption des Stadtarchivs zu machen, bevor man sich auf die Suche nach dann geeigneten Räumlichkeiten macht.
Die CDU fordert: Erst ein neues Konzept, und dann neue Räume
„Um wieder etwas Ruhe und Ordnung in die Diskussion zu bringen, schwebt uns – und hier wissen wir uns einig mit Experten – eine vorübergehende Trennung der Museumsdepots und des Stadtarchivs vor“, sagt Sebastian Marski. Sollte sich unter den nunmehr abgegebenen Angeboten kein adäquates befinden, müsse schnellstmöglich ein Depot für die Museen gefunden werden. Danach muss sich die Politik in Abstimmung mit der Verwaltung auf ein neues Konzept für das Stadtarchiv verständigen. Ob sich das neu aufgestellte Archiv die Räume mit einem zentralen Museumsdepot teilen kann, kann sinnvollerweise erst danach neu entschieden und bewertet werden. Aus Sicht der CDU soll dabei auch die Frage berücksichtigt werden, ob ein Museumsdepot überhaupt den gleichen zentralen Standort benötigt wie das Archiv und ob für letzteres – angesichts der Dauerhaftigkeit der Einrichtung über die nächsten 25 Jahre hinaus – von der aktuellen Unterbringung in einer stadteigenen Immobilie tatsächlich abgesehen werden soll. Hierzu wird es Gespräche mit den anderen Fraktionen im Rat geben, um sich abzustimmen und zu einer tragfähigen Lösung zu kommen.